

"Wir können nicht wegschauen": Mehr als 800 Millionen Euro für den Sudan
Zwei Jahre nach Beginn des Bürgerkriegs im Sudan haben die Teilnehmer einer internationalen Konferenz in London zusätzliche Hilfszahlungen von mehr als 800 Millionen Euro angekündigt. "Wir können nicht wegschauen", sagte der britische Außenminister David Lammy bei der Eröffnung der Konferenz am Dienstag. Angesichts der "größten humanitären Katastrophe unserer Zeit" werde Berlin 125 Millionen Euro geben, erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
Deutschland gehört neben Großbritannien, Frankreich, der EU und der Afrikanischen Union (AU) zu den Ausrichtern der Konferenz am zweiten Jahrestag des Ausbruchs des Krieges zwischen der sudanesischen Armee und der RSF-Miliz. Zudem reisten nach Angaben des britischen Außenministeriums Minister aus 14 Ländern zu dem Treffen, darunter aus Saudi-Arabien und den USA. Auch hochrangige UN-Vertreter, der Arabischen Liga und weiterer Organisationen waren vor Ort.
Baerbock berichtete in London von einem Besuch in einem Flüchtlingslager im Sudan, bei dem sie "schreckliche Berichte von vergewaltigten Frauen und Kindern" und von Hungertoten gehört habe. Es müsse sichergestellt werden, dass die humanitäre Hilfe bei den Betroffenen ankomme, sagte die Außenministerin weiter auf Englisch. "Aber ich will auch klarmachen: Keine humanitäre Hilfe reicht aus, wenn dieser Krieg weitergeht. (...) Dieser Krieg muss enden." Deswegen müssten alle "externen Akteure" auf eine Deeskalation hinwirken und die Kriegsparteien miteinander verhandeln. Deutschland unterstütze entsprechende Bemühungen der AU und der UNO.
Gastgeber Lammy kündigte Hilfszahlungen in Höhe von 120 Millionen Pfund (139,5 Millionen Euro) an. "Der brutale Krieg im Sudan hat die Leben von Millionen Menschen zerstört, trotzdem schaut der Großteil der Welt weiter weg", sagte er. Die Konferenz solle zu einer Einigung "über einen Weg zur Beendigung des Leidens" führen.
Aus der EU sollen nach Angaben der EU-Kommission insgesamt 522 Millionen Euro an Hilfsgeldern für den Sudan und betroffene Nachbarländer zur Verfügung gestellt werden. Die Hilfen der französischen Regierung belaufen sich nach Angaben von Außenminister Jean-Noël Barrot auf 50 Millionen Euro.
Lammy beklagte bei der Konferenz einen "mangelnden politischen Willen" zur Einstellung der Kämpfe. "Wir müssen die Kriegsparteien davon überzeugen, Zivilisten zu schützen, Hilfe ins ganze Land zu lassen und den Frieden zur Hauptsache zu machen", sagte er. Dafür brauche es "geduldige Diplomatie".
Der AU-Kommissar für Politik, Frieden und Sicherheit, Bankole Adeoye, sagte, es könne keine militärische Lösung für den Sudan geben, "nur eine sofortige, bedingungslose Einstellung der Kämpfe". Darauf müsse ein Dialog folgen, der alle Parteien einschließe.
Die Konferenz in London fand ohne die Kriegsparteien statt. Die sudanesische Regierung hatte kritisiert, sie sei nicht eingeladen worden. Außenminister Ali Jussef hatte Großbritannien zudem vorgeworfen, die RSF-Miliz und den sudanesischen Staat auf eine Stufe zu heben. Das Auswärtige Amt hatte erklärt, weder die sudanesische Armee noch die RSF-Miliz seien bereit gewesen, sich in London an einen Tisch zu setzen.
UN-Generalsekretär António Guterres hatte am Montag gefordert, die Waffenlieferungen an die Konfliktparteien müssten eingestellt werden. An diejenigen mit dem "größten Einfluss" auf die Kriegsparteien appellierte er, diesen zu "nutzen, um das Leben der Menschen im Sudan zu verbessern - und nicht, um diese Katastrophe fortzusetzen".
Im Machtkampf zwischen der Armee von Militärherrscher Abdel Fattah al-Burhan und der RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo kontrolliert die sudanesische Armee den Osten und Norden des Landes sowie seit März die Hauptstadt Khartum. Die RSF-Miliz hat fast die gesamte Region Darfur eingenommen und kontrolliert weite Teile des Südens des Landes kontrolliert.
Nach der Rückeroberung von Khartum durch die Armee könnten in den kommenden sechs Monaten rund 2,1 Millionen Binnenvertriebene in die sudanesische Hauptstadt zurückkehren, schätzt die UNO. Die Anzahl der Rückkehrer werde von der Entwicklung der Sicherheitslage in Khartum und der Funktion etwa des völlig zerstörten Stromnetzes abhängen. Die Menschen hätten etwas Hoffnung, aber der Krieg sei noch lange nicht vorbei, sagte der Leiter der IOM-Mission im Sudan, Mohamed Rafaat, am Dienstag.
D.Davis--PI